Wird’s bald? #1: Liebe auf den zweiten Blick

Von David Kulessa

Hätte ich mich strikt an den Studienverlaufsplan gehalten, würde ich aktuell Bachelorarbeit schreiben und vermutlich meinen Abschied aus der Stadt und von der Uni vorbereiten. Gut, dass dem nicht so ist. Zu behaupten, ich bin im zweiten Semester absichtlich durch die Statistik-Klausur gefallen, wäre zwar falsch. Aber rückblickend bin ich doch froh, dass deshalb, und weil ich ein Semester in Krakau verbracht habe, vermutlich noch drei Semester in Mainz vor mir liegen, einschließlich dem aktuellen.

Und zwar in erster Linie deswegen, weil ich sie auf dem Campus verbringen werde. (Dass der dritte Corona-Herbst mir da einen Strich durch die Rechnung machen könnte, ignoriere ich an dieser Stelle, wie auch sonst die meiste Zeit.) Dabei habe ich das Mainzer Uni-Gelände zu Beginn meines Studiums noch regelmäßig verflucht.

In meinem ersten Semester, dem letzten vor der Pandemie, hat mich der Campus erschlagen. Die überschaubare Infrastruktur meines Schulhofes gewohnt, konnte ich mir nicht einmal die Namen der Gebäude merken, fand in ihnen die Seminarräume nicht und selbst das Bezahlsystem der Mensa überforderte mich. Und wieso gibt es eigentlich so furchtbar viele Haltestellen, die allesamt „Uni Mainz“ heißen? Kurzum: Der Campus hat in erster Linie zu meiner generellen Überforderung im Studium beigetragen. Ob ich die inzwischen so richtig abgelegt habe, da bin ich selbst unsicher, aber ich fürchte, ein besserer Student werde ich nicht mehr. Ganz neu verliebt habe ich mich nach vier Semestern von zu Hause und Polen aus aber in den Campus. Meine Seminarräume suche ich zwar manchmal immer noch, aber im Großen und Ganzen bin ich ein echter Fan des Uni-Geländes geworden.

Mensen, Menschen und sogar eine Sauna gibt’s hier

Das (vegetarische) Essen in den Mensen ist erstaunlich gut und genau wie „Diwan“ neben der Muschel bezahlbar. Besonders gerne bin ich bei „insgrüne“ im Philosophicum. Und: Das Einrichten der Bezahl-App ist zwar viel zu kompliziert, aber wenn sie erstmal läuft, ist sie ziemlich praktisch. Außerdem treffe ich auf dem Campus Menschen, die nicht in kleinen Teams-Kacheln gefangen sind.  Menschen, die ich zuletzt im ersten Semester gesehen habe, Menschen, die ich noch nie gesehen habe und Menschen, die ich noch aus meiner Schulzeit kenne. Bei einigen entschuldige ich mich an dieser Stelle, weil ich sehr schlecht im Smalltalk bin, aber ich fand’s trotzdem schön, euch alle zu sehen.

Es mag an der langen Coronazeit liegen, aber ich freue mich richtig, zum Studieren wohin zu gehen und nicht einfach den Laptop aufzuklappen. Die Veranstaltungen, vor allem Seminare, sind so viel besser in Präsenz, manchmal machen sie sogar richtig Spaß. Ich weiß, die Luft in den Räumen ist oft schlecht und dass die Bibliothek im GFG praktisch ohne Tageslicht auskommen soll, hat den dafür Verantwortlichen hoffentlich ein wenig schlechtes Karma verschafft.

Aber das ist für den Moment egal, beschweren über den Campus kann ich mich ja in meiner nächsten Kolumne. Heute habe ich gelernt, dass es in der Uni ein Kino und eine Sauna gibt. Und um das noch ein bisschen länger zu genießen, habe ich die Extrarunde bei Reinecke gerne gedreht.


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