Frau Löb, stellen Sie sich doch zum Einstieg bitte einmal vor, Sie wären Redakteurin in einer Tageszeitung und dürften sich das Ressort aussuchen, für das Sie schreiben. Welches wäre das und warum?
Ich würde mich für das Politikressort entscheiden, die politische Kommunikation interessiert mich schon seit den Anfängen meines Studiums, zum Beispiel wie über Politik berichtet wird und wie Politiker*innen kommunizieren. Das ist für mich eine Art roter Faden, der sich sowohl durch mein Bachelor- als auch durch mein Masterstudium gezogen hat. Politische Kommunikation ist spannend, abwechslungsreich und es gibt Themen im Bereich Drama, Klatsch und Skandal.
Vom fiktiv vorgestellten Beruf nun zu Ihrem richtigen. Sie haben schon in den unterschiedlichsten Bereichen als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet, seit April 2021 nun auch im Studienbüro des IfP. Welche drei Dinge begeistern Sie an ihrem Beruf als wissenschaftliche Mitarbeiterin am meisten?
Aktuell ist das vor allem die Studienberatung. Das war auch ein ganz wichtiger Grund, warum ich mich auf diese Stelle beworben hatte. Es ist total schön, mit jungen Studierenden zusammen zu arbeiten, die sind immer so kreativ, haben viele Ideen und sind der Welt gegenüber positiv eingestellt. Ein weiterer Punkt ist die Lehre, auch hier begleitet man ja Studierende. In meinem ersten Semester an der JGU habe ich einen Befragungskurs gehalten. Dort fand ich es ebenso spannend zu sehen, welche Ideen junge Menschen haben, dadurch wird es für mich selbst nicht langweilig und ich bekomme immer wieder neuen Input. Als letzten Punkt würde ich die aktuell stattfindenden Auswahlkommissionen für die Masterstudierenden aufzählen. Es ist durchaus interessant zu erfahren, wer sich für unsere Master-Schwerpunkte bewirbt.
Und was wäre leichter zu bewerkstelligen, ein Studienbüro ohne Computer oder ein Studienbüro ohne Telefon?
(Lacht) Wenn man über den Computer auch telefonieren kann, wäre es ohne den Computer schwieriger.
Gehen wir nun einen Schritt zurück und zwar zu Ihrer ersten Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Diese hatten Sie unmittelbar nach Ihrem Masterabschluss, am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität in Mannheim. Wie war es für Sie an der Universität zu lehren, an der Sie selbst studiert haben?
Es war schon etwas seltsam für mich, zumal auch der Übergang von der Studentin zur Lehrenden sehr fließend war. Als ich meinen ersten Kurs plante, schrieb ich noch an meiner Masterarbeit. Als ich die dann beendet hatte, stand ich plötzlich vor den Studierenden und ich muss zugeben, ich habe ein Semester gebraucht, um mich da rein zu grooven. Die Mitarbeitenden am Institut waren mir zwar nicht fremd, weil ich schon vorher lange als Hilfskraft gearbeitet hatte, – aber jetzt hatte ich mein eigenes Büro.
Sie selbst haben während Ihres Masterstudiengangs ein Auslandssemester in Norwegen gemacht. Für wie wichtig halten Sie eine Auslandserfahrung während des Studiums?
Für sehr wichtig! Wenn die Möglichkeit besteht, es ins Studium reinpasst und man das finanzieren kann, soll man das auf jeden Fall machen. Ein Auslandssemester macht total Spaß und es geht dabei nicht nur um die Kurse und Veranstaltungen, sondern in erster Linie darum, eine andere Uni kennenzulernen.
Gab es eine Erfahrung, die Sie aus der Zeit in Norwegen ganz besonders behalten haben?
Ja, die gab es. Nachdem das Semester vorbei war, war ich drei Wochen auf einer Ziegenalm und habe dort in der Käserei mitgeholfen. Morgens um fünf hat mein Tag damit angefangen, dass ich die Ziegen gemolken habe, tagsüber habe ich dann Käse gemacht und abends war dann wieder das Ziegen melken an der Reihe.
Die norwegische Küche hat einige Spezialitäten, vor allem Fisch spielt in der Ernährung der Norweger*innen eine große Rolle. Können Sie sich noch an das erste typisch norwegische Essen erinnern, das Sie probiert haben?
Mein erstes norwegisches Gericht war Lutefisk, man nennt das auch Seifenfisch, und es schmeckt total eklig. Der Fisch wird haltbar gemacht, indem man ihn in Lauge einlegt, und ist in Norwegen ein typisches Weihnachtsessen. Wenn ich mich recht erinnere, isst man ihn dann mit Erbsen und Kartoffeln.
Mannheim, Norwegen, Berlin, … Ihre Karriere hat Sie schon weit gebracht, jetzt sind Sie in Mainz. Was gefällt Ihnen hier am meisten?
Die Aufgabengebiete gefallen mir hier in Mainz wirklich sehr gut. Ich habe zwar auch zwischenzeitlich für Herr Castellucci in Berlin gearbeitet, meine Hauptarbeitsstelle war, vor meiner Anstellung in Mainz, allerdings im Wahlkreisbüro in Wiesloch. Ich fand es spannend, in die Arbeit eines Abgeordnetenbüros hinzuschauen und habe in der Zeit auch viel gelernt. Auf Dauer aber war das nichts für mich. Als ich mich dann in Mainz beworben hatte, war das für mich ein bisschen wie nach Hause kommen. Die Art der Leute hier ist sehr vertraut, das Interesse an Forschung ist groß und ich kann meinen Arbeitsalltag selbstständig organisieren. Dazu kommt, dass mir meine Aufgabenbereiche viel Spaß machen.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, wenn Sie irgendein Problem haben, gehen Sie zu einem Bundestagsabgeordneten, die kümmern sich um alles.
Über eine Sache in Ihrer beruflichen Karriere wollen wir noch mal etwas genauer sprechen. Sie waren wissenschaftliche Mitarbeiterin des SPD-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Lars Castellucci. Was würden Sie sagen, hat Sie an der Arbeit in einem politischen Umfeld am meisten überrascht?
Ich glaube, was mich am meisten überrascht hat, waren die Themen, mit denen Bürger*innen zu einem Bundestagsabgeordneten gekommen sind. Zum Beispiel Menschen, die ihre Miete nicht zahlen konnten und eine Lösung erwartet haben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, wenn Sie irgendein Problem haben, gehen Sie zu einem Bundestagsabgeordneten, die kümmern sich um alles (lacht). Die Leute haben oft eine andere Vorstellung von dem was Politiker*innen machen können, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Überraschend fand ich auch, dass der Datenschutz für die Bürger*innen, die mit einem Problem zu uns kamen, gar kein Thema war. Sie haben, ohne dass man gefragt hat, alles offengelegt. Es war schon interessant zu beobachten, wie viel Vertrauen einem da entgegengebracht wird.
Gab es eine politische Begegnung, welche Sie nachhaltig geprägt hat?
(Überlegt) Ich habe vor allem SPD-Politiker getroffen, das war alles sehr spannend. Eine interessante Begegnung hatte ich auch mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Er kam mit jeder Person, egal ob alt oder jung, Kind oder erwachsen ins Gespräch. Es war witzig zu sehen, wie gut er sich mit Menschen unterhalten konnte, die er noch nie zuvor getroffen hatte. Herr Gauck war früher Pfarrer und ich hatte das Gefühl, dass diese Eigenschaft aus seinem früheren Beruf stammte, auch ich konnte mich kurz mit ihm unterhalten, spannend waren bei diesem Ereignis auch die Sicherheitsfragen, mit denen ich konfrontiert wurde. Der BKA1-Beamte, der für Herrn Gaucks Sicherheit zuständig war, befragte mich nach Fluchtwegen, möglichen Evakuierungsschritten und den nächstgelegenen Krankenhäusern. Am Tag der Veranstaltung rief er mich regelmäßig an und gab mir Updates zum Reiseverlauf durch, wie etwa: „Wir sind jetzt gelandet“, „Wir steigen jetzt ins Auto“, „Wir fahren jetzt los“. Allerdings muss ich sagen, dass dies die einzige Situation war, in der sich das so abgespielt hat, alle anderen Politiker*innen, wie zum Beispiel die Bundestags- oder Landtagsabgeordneten, sind mit dem Zug oder dem Auto angereist. Bei ihm war das ein bisschen anders, da er eine große Persönlichkeit ist. Die Situation war einmalig, auch was den Sicherheitsstandard betraf.
1Beamte und Beamtinnen des Bundeskriminalamtes (Anmerkung der Redaktion)
Einer Ihrer heutigen Forschungsschwerpunkte ist die politische Kommunikation. Glauben Sie, dass sich die Art und Weise wie Politiker*innen kommunizieren durch die Corona-Pandemie nachhaltig verändern wird?
Ich denke, dass es sich auf jeden Fall noch mal stärker ins Digitale verschieben wird. Einige Politiker*innen betreiben das ja schon sehr professionell, wohingegen andere noch sehr verhalten damit umgehen. Ich gehe also davon aus, dass es noch mal einen Digitalisierungsschub geben wird, weil man gemerkt hat, wie notwendig das ist. Allerdings glaube ich auch, dass Veranstaltungen auf Dauer nicht digital funktionieren werden und es hier wohl eine Rückkehr zum klassischen Präsenzveranstaltungsformat geben wird. Die Menschen möchten die Politiker*innen gerne persönlich treffen. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich auch lieber Politiker*innen persönlich treffen, als nur an einer Videokonferenz teilzunehmen.
Welche Social-Media-Plattform haben Sie zuerst für sich entdeckt?
(Überlegt) Ich glaube, die Plattform hieß studiVZ und später auch relativ schnell Facebook. Für die eigene Selbstdarstellung bin ich da aber nur noch ganz selten unterwegs.
Zum Abschluss des Interviews würde ich Ihnen gerne fünf Aussagen vorlesen, verraten Sie uns doch bitte, ob Sie sich in den Aussagen wiederfinden und warum.
Ich brauche die Herausforderung.
Ja, da würde ich definitiv zustimmen. Wenn ich keine Herausforderung habe oder mir langweilig ist, werde ich unproduktiv.
Politik ist spannender als ihr Ruf.
Ja, weil Politik viel vielfältiger ist, als man von außen oft denkt.
Mathe fand ich immer toll.
Jein. (lacht) Es gab Bereiche, die ich toll fand, zum Beispiel Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik finde ich total spannend und das macht Spaß, aber ich erinnere mich noch an Beweisführungen und so was. Das fand ich nicht gut.
Für ein gutes Buch lege ich gerne mein Handy beiseite.
Ja, auf jeden Fall. Ich bin leider auch eine Bücherverschlingerin. Wenn ich ein spannendes Buch habe, dann lese ich es die ganze Nacht durch und morgens denke ich mir: „Oh mein Gott, warum hast Du es Dir nicht aufgehoben?“
Ich kann auf Norwegisch sagen: „Das Interview ist jetzt vorbei!“
Leider nicht.
Vielen Dank für das Interview, Frau Löb!