Publis und ihre Projekte: youmocracy – Demokratie braucht Dich!

Politik ohne Floskeln, Rednerpult und Krawatte. Das verspricht youmocracy. Im Netzwerk haben sich junge Leute zusammengeschlossen, die zwar alle politisch interessiert, aber nicht immer einer Meinung sind. Gendern, Rundfunkbeitrag oder Frauenquote. Auf Instagram erklärt und diskutiert youmocracy verschiedene gesellschaftliche Themen. Publizistikstudentin Chiara Raber ist von Anfang an Teil des Teams. Als Presenterin steht sie vor der Kamera und hofft, dass die Diskussionen auf Instagram in der WG-Küche ihre Fortsetzung finden.

Foto: Youmocracy
Von Chiara Raber

Was ist youmocracy?

Youmocracy ist ein überparteiliches Diskussionsforum, in dem sich junge Menschen jeder politischen Richtung zu gesellschaftsrelevanten Themen austauschen und weiterbilden können. Momentan liegt der Fokus auf unserem Instagram-Kanal, auf dem wir in Themenwochen verschiedene gesellschaftliche oder politische Themen, wie zum Beispiel die Wehrpflicht, Staatsschulden oder die Ost/West-Unterschiede erklären und unsere Community zur Diskussion und zum Austausch untereinander anregen wollen. In Zukunft soll der Instagram-Kanal die Grundlage für Diskussionsforen vor Ort bilden, in denen junge Menschen mit Expert*innen zusammenkommen und miteinander diskutieren können. Dadurch wollen wir den demokratischen Diskurs unter den Jüngeren erneuern.

Wer steckt hinter youmocracy?

Zum youmocracy-Team zählen knapp 40 Studierende und Berufsanfänger*innen aus verschiedenen Fachrichtungen. Politikinteresse und/oder Medienbezug verbindet uns dabei alle. Einige unserer Mitglieder sind auch in verschieden Parteien politisch aktiv. Wir haben uns aber den eigenen Anspruch gesetzt, überparteilich zu sein – auch in unserem Team. Das heißt, bei uns ist jede Person willkommen und wir sind immer offen für neue Mitglieder. Bei Interesse an dem Projekt kann man sich jederzeit bei uns melden.

Wie bist du zu youmocracy gekommen?

Ich wurde von einer Freundin gefragt, die ich 2018 in Bremen bei den Jugendmedientagen kennengelernt habe. Sie ist Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung und hat bei einem Workshop mit einigen Mitstipendiat*innen die Grundidee zu youmocracy gehabt. Sie wusste, dass ich Publizistik und Politikwissenschaft studiere und ich sehr gerne auf Instagram aktiv bin und mich dort ausprobiere. Deshalb hatte sie mich letztes Jahr im Sommer gefragt, ob ich Lust habe mitzumachen und ich habe natürlich direkt zugesagt.

Was ist deine Rolle bei youmocracy?

Ich bin bei youmocracy eine von fünf Presenter*innen und in den Themenwochen vor der Kamera auf unserem Instagram-Kanal zu sehen. Als Redakteurin kümmere ich mich auch um die Recherche und Umsetzung einer oder zwei Tage in der Themenwoche. Die restlichen Tage werden von anderen Redakteur*innen, die in der Woche mithelfen, vorbereitet. Außerdem kümmert sich jede Person in der Woche um einen Feedpost und das Community-Management des eigenen Tages. Das heißt, ich kann meine theoretischen Kenntnisse aus dem Studium hier beim Präsentieren, Recherchieren und im Community Management in die Praxis umsetzen.

Ihr seid (vor allem) auf Instagram aktiv. Warum auf dieser Plattform?

Wir haben uns für Instagram entschieden, da unsere Zielgruppe, also Jugendliche und jüngere Erwachsene, dort sowieso schon aktiv ist und wir sie so sehr schnell und einfach erreichen können. Außerdem sind auf Instagram nicht nur politisch interessierte Nutzer*innen unterwegs, sondern man hat die Möglichkeit, mit dem Content jede Person zu erreichen, ganz egal, wie politisch interessiert diese ist. Das ist auch eines unserer Hauptziele, dass wir Menschen erreichen, die nicht zwingend schon politisch interessiert sind, sondern unser Content soll alle Menschen ansprechen. Außerdem bietet Instagram gute Möglichkeiten, die Inhalte für Jugendliche sehr schön und spannend aufzubereiten und so kann man auch Themen, die für die jüngere Generation nicht direkt greifbar sind, verständlich erklären.

Foto: Instagram / youmocracy

Wie schafft ihr den Austausch mit der Community?

Der Austausch mit unserer Community funktioniert sehr gut. Wir bekommen besonders in Themenwochen, die Jugendliche oder junge Erwachsene persönlich betreffen, sehr viel Rückmeldung. Sei es in den Kommentaren, unter dem Feedpost oder in Direktnachrichten. Das zeigt uns, dass die Themen wirklich wichtig sind und auch an jüngeren Menschen nicht vorbeigehen. Gerade in unserer Themenwoche zur Dienstpflicht hatten wir einen sehr guten Austausch mit unserer Community, die uns all ihre Erfahrungen und Meinungen zu dem Thema berichtet hat. Wir versuchen unsere Community auch immer wieder in die Stories miteinzubeziehen, indem wir öfter Nutzer*innen von ihren eigenen Erfahrungen berichten lassen.

Welche Diskussionsthemen haben dich 2020 am meisten bewegt? Warum?

Für mich persönlich war die „Black Lives Matter“-Bewegung ein sehr wichtiges Thema im letzten Jahr. Denn der Tod von George Floyd, die vielen weiteren Opfer von rassistischer Gewalt und die dadurch vermehrten Proteste, haben nochmal sehr deutlich gezeigt, wie sehr Rassismus in vielen Gesellschaften noch vorhanden ist. Oft ist es so stark in den gesellschaftlichen Strukturen verankert, dass es von den Menschen gar nicht als Rassismus erkannt wird, „weil es ja schon immer so war“. Und deswegen hoffe ich, dass diese Diskussionen um das Thema in der Menschheit etwas bewegt haben und sich etwas ändern wird. Denn nur durch grundlegende Veränderungen können wir dieses Problem bewältigen.

„Die Jugend wird immer unpolitischer“ – heißt es oft. Deckt sich das mit deinen Erfahrungen?

Ich persönlich sehe, dass auf unserem Kanal viele Jugendliche ihre Meinungen teilen und miteinander über politische Themen diskutieren. Deswegen würde ich diese Aussage nicht komplett bestätigen. Klar ist, dass die Jugend immer mehr auf den sozialen Netzwerken unterwegs ist und sich seltener über Fernsehen, Radio oder Zeitung politisch informiert. Gerade deswegen denke ich, dass es so wichtig ist, Jugendliche mit verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Themen auf den sozialen Netzwerken zu konfrontieren. Denn wenn sie solche Themen auf den sozialen Netzwerken sehen, sind sie auch dazu bereit, mit anderen darüber zu diskutieren und ihre Meinungen auszutauschen.

Wie wollt ihr Desinteressierte ansprechen? Die Gefahr ist ja, dass es ein Projekt von der Bildungselite für die Bildungselite ist…

Wir versuchen unsere Themenwochen sehr ansprechend und einfach zu gestalten, sodass jede Person die Möglichkeit hat, mitzudiskutieren, egal wie viel sie bereits über das Thema weiß. Ganz oft steigen wir mit Interaktionen, wie einem Quiz oder Umfragen ein, bei denen jeder mitmachen kann und die den Einstieg in das Thema spannend und einfach ermöglichen sollen. Außerdem versuchen wir gerade bei Themen, die unsere Zielgruppe persönlich betreffen, Stimmen und persönliche Erfahrungen aus der Community mit in die Stories einzubeziehen. Damit wollen wir zeigen, dass uns die Meinungen unserer Community sehr wichtig sind und wir unseren Inhalt nicht nur für unsere Community gestalten wollen, sondern auch gerne mit ihnen zusammen.

Wie geht ihr mit Meinungen um, die aus dem ganz rechten oder extrem linken Lager kommen?

 Bei uns ist jede Meinung willkommen, ganz egal aus welchem politischen Milieu sie kommt. Unsere Grenze ist die freiheitlich demokratische Grundordnung, im Rahmen dieser sind alle Meinungen erwünscht, solange die Kommentare konstruktiv sind und zu einer guten Diskussion beitragen. Wir wollen keine Meinungen zensieren und einen öffentlichen Diskurs für alle Ansichten ermöglichen. Nichtsdestotrotz schauen wir uns natürlich in jedem einzelnen Fall die Kommentare genau an. Wenn wir merken, dass der Kommentar nur zur Beleidigung oder Verbreitung von Hetze und Hass gepostet wurde, werden diese auch gelöscht. Respekt, Offenheit, Toleranz, Transparenz und Konsensbereitschaft ohne Zwang, sind die fünf Prinzipien, die in unserem Diskussionskompass definiert sind und als Grundlage für unsere digitalen und analogen Diskussionsforen dienen.

Foto: Instagram / youmocracy

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

In Zukunft soll die Plattform die Grundlage für Diskussionsforen vor Ort bilden, in denen junge Menschen mit Expert*innen zusammenkommen und miteinander diskutieren können. Die Diskussionsforen würden zum Beispiel an Schulen und Hochschulen veranstaltet werden. Falls das in diesem Jahr noch nicht möglich sein sollte haben wir auf jeden Fall schon einige Ideen für Online-Veranstaltungen und sind an der Planung von verschiedenen Online-Formaten. Auch die Weiterentwicklung unseres Instagram-Kanals und der Aufbau einer aktiven Community, sind weitere Ziele, die wir auch in diesem Jahr angehen werden.

Und ganz konkret für 2021. Was habt ihr da vor?

2021 wollen wir auf jeden Fall weiterhin unsere Reichweite auf unserem Instagram-Kanal steigern und dadurch noch mehr Menschen mit unseren Inhalten erreichen. Der Aufbau einer aktiven Community und die Entwicklung von neuen Formaten für den Kanal stehen auch noch an. Wir sind ebenfalls an der Planung von einigen Online-Formaten, die wir in diesem Jahr auf jeden Fall noch umsetzen werden. Je nachdem wie Corona es zulässt, würden wir natürlich gerne dieses Jahr unsere Diskussionsforen vor Ort veranstalten und jungen Menschen Diskussionen mit Expert*innen aus den verschiedensten Bereichen bieten.

Wen würdest du gerne mal als Talk-Gast für youmocracy gewinnen?

Ich würde sehr gerne mal die Grünen Politikerin Aminata Touré bei youmocracy zu Gast haben. Ich finde sie ist eine unfassbar starke und interessante Frau, die sich für so viele verschiedene Themen und Menschen einsetzt. Sei es für Migration & Flucht, Antirassismus, Frauen & Gleichstellung, Queer oder die Religion. Da würden glaube ich sehr interessante und spannende Gespräche zustande kommen.


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