Zwiebelmett per Mausklick

Weil nur wenige Menschen Butter, Brot und Weidemilch online bestellten, lief das E-Commerce-Konzept für Lebensmittel lange in eine Sackgasse. In der Corona-Krise erlebt der digitale Lebensmittelhandel ungeahnte Wachstumsraten. Doch überdauert der Trend zur Frischware per Mausklick auch die Pandemie?

Foto: Fabienne Kleinkopf
Von Fabienne Kleinkopf

Kleidung shoppen bei Asos oder Zalando, Bücher bestellen auf Amazon oder Secondhandartikel bei Ebay erwerben. Laut einer Verbraucherstudie des Bundesverbands für E-Commerce und Versandhandel Deutschland aus dem Jahr 2019, bestellte jeder Dritte wöchentlich mehr als einmal im Internet. Davon stammen die meisten Bestellungen aus dem Bereich Elektronik, Bekleidung und Bücher. 

Der Lebensmittelhandel bleibt meist ein Offline-Geschäft

Der Erfolg der Lebensmittelindustrie im Netz hielt sich in den vergangenen Jahren verglichen mit anderen Bereichen stark zurück. Während Bücher und Musikkopfhörer online bestellt wurden, ging es für den Wocheneinkauf mit Zwiebelmettwurst, Chinakohl und Lauchzwiebeln in den Supermarkt ums Eck.  Erst mit dem Markteintritt der Lieferdienste von Rewe oder Edeka und dem globalen Weltkonzern Amazon mit Amazon Fresh, änderte sich in langsamen Schritten die Nachfrage nach Onlinemärkten.

Der zurückhaltende Durchbruch liegt darin begründet, dass sich der Onlinehandel in diesem Sektor für die meisten stationären Händler*innen (noch) nicht lohnt. Amazon Fresh kann anders als viele kleine regionale Märkte durch eine Vielzahl von Händlern mit einer Bandbreite an Produkten auf dem Onlinemarkt punkten. Auch die attraktiven kostenlosen Lieferungen ab einem bestimmten Mindestbestellwert direkt nach Hause können sich kleine Märkte nicht leisten. Hinzu kommt, dass die Investitionen in die Digitalisierung, Belieferung, Vermarktung sowie Verbreitung der Produkte sich für zahlreiche Märkte nicht auszahlen und der erhoffte Mehrwert an Gewinn ausbleibt.  Nach wissenschaftlichen Prognosen wird sich das aber in den nächsten Jahren erheblich verändern. 

Corona-Krise macht den Online-Lebensmittelhandel attraktiv

Die Corona-Krise ist ein Beispiel dafür, wie schnell die Entwicklung an Fahrt aufnehmen kann.  Das Virus verursachte am Anfang des Jahres ein Produktionsstopp in China, sodass die Lieferkette von Produkten nach Deutschland ins Stocken geriet. In der Folge kam es hierzulande zu Hamsterkäufen, aus Angst, keine Lebensmittel mehr zu bekommen. Die Lebensmittelknappheit in stationären Supermärkten veranlasste Käufer*innen dazu, auf Onlinemärkte umzusteigen. Auch die Angst vor Ansteckungen beim Supermarktbesuch steigerte die Bereitschaft, Onlinebestellungen von Lebensmitteln zu tätigen. Der Wandel traf die Lieferdienste von Rewe oder Amazon so gewaltig, dass die Liefertermine sich um mindestens vier Wochen verzögerten.

Einerseits wurden die Onlinemärkte als wichtige Alternative in Krisenzeiten erkannt, andererseits bereiten die Entwicklungen lokalen Anbietern im Hinblick auf ihre Zukunft große Sorgen. Auch große Lebensmittelhändler sehen ihre Marktführung gegenüber dem internationalen E-Commerce Giganten Amazon bedroht. Zunehmend gelingt es Amazon, neue Produktbereiche in das Sortiment aufzunehmen. 

Regionale Märkte fühlen sich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedroht

Während große Konzerne Milliarden in die Entwicklung neuer E-Commerce-Strategien investieren können, fehlt es den kleinen Märkten an finanziellen Mitteln. Dabei ist es jetzt von großer Bedeutung, sich für die digitale Revolution der Zukunft zu wappnen, denn die Kundenerwartungen werden sich mit dem Heranwachsen der digitalaffinen Generationen rasant verändern. Märkte, die es verpassen, sich digital anzupassen, werden ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren und ihre Existenz nicht lange halten können. Laut dem Unternehmensberater und Handelsexperten Sirko Siemssen, könne eine Abwanderung von drei bis vier Prozent des Geschäfts in das Internet ernsthafte Verluste bedeuten, denn die Kosten für Miete, Personal sowie Energie bleiben weiterhin im stationären Handel bestehen und könnten in Zukunft nicht mehr bezahlt werden.  Für die kleinen und regionalen Märkte heißt das neue Wege finden, um stationäre Kund*innen auch für den Onlinekauf zu ermutigen. 

Regionale Identität statt Global Player

Eine Option wäre die regionale Identität in neue E-Commerce-Konzepte miteinzubeziehen. Vertraute lokale Märkte können anders als Weltkonzerne mit Kundenbeziehung und Loyalität überzeugen. Regionalität ist bereits in den Fokus der Verbraucher*innen gerückt, denn vielen Käufer*innen ist es wichtig zu wissen, woher ihr Essen kommt und was für einen ökologischen Fußabdruck sie durch ihr Kaufverhalten hinterlassen. Ein vertrauensvoller Umgang mit diesen Kund*innen und eine transparente Darlegung der Herkunft der Lebensmittel, könnte auch digital umgesetzt werden und somit den regionalen Händlern von Vorteil sein. Weitere Beispiele sind zum einen, im Hinblick auf den Lieferdienst, die Umwelt durch das Ausliefern mit Elektroautos oder Fahrrädern zu schonen oder zum anderen sich durch besondere und einzigartige Produkte hervorzuheben. 

Auch liegt es in den Händen der Verbraucher*innen, die mit ihrem Kaufverhalten die Zukunft der Märkte mitbestimmen. Das ökologische Denken der Menschen und der bewusste Kauf von regionalen Produkten kann für die Zukunft der regionalen Märkte ein ausschlaggebender Faktor und eine große Unterstützung sein.


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